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Die Gestalt des Schlosses nach Ruppenthal und im heutigen Bestand

Die einzige bildnerische Darstellung des Schlosses verdanken wir Ernst und Philipp Ruppenthal, die 1788, also wenige Jahre vor dem Untergang des Herzogtums, ein Leporello mit Ansichten von Schlössern im Herzogtum Pfalz-Zweibrücken schufen (Carlsberg, Homburg, Pettersheim, Jägersburg mit Nohfelden, Gutenbrunn und Kirkel)(13). Trotz der geringen Größe des Leporellos (100 x 485 mm bzw. 100 x ca. 70 mm je Einzelbild) lassen sich Details erkennen, die noch vor Ort nachvollziehbar sind. So lässt sich die gesamte Abfolge der Flügelbauten (mit Ausnahme der Trakte des Vorhofes) erkennen: der Westflügel erhebt sich über zwei Geschosse, einem wohl niedrigen Erd- und einem höheren Obergeschoss. Den Abschluss bildet ein klassisches Krüppelwalmdach. Der Verbindungstrakt zum Westpavillon gibt sich eingeschossig mit Satteldach zu erkennen. Das Geschoss selbst scheint über eine beträchtliche Höhe verfügt zu haben. Die je dreiachsigen West- und Ostpavillons präsentieren sich doppelgeschossig mit hohem Erd- und niedrigerem und vor allem quadratischen Obergeschoss. Als Abschluss dient ein flach geneigtes Zeltdach. Ähnlich verhielt es sich mit dem fünfachsigen Mittelpavillon, dessen Mittelachse durch einen Aufsatz in der Gesimszone betont wurde. Das Dach scheint hier eine Art Mansartform ausgebildet zu haben und verfügte über einen eingezogenen Aufsatz in Form eines Zeltdaches. Hierin lässt sich erahnen, dass der Mittelpavillon möglicherweise über eine Art Belvedere verfügte, d.h. ein terrassenähnlicher Freisitz auf dem Dach, der bevorzugt bei Jagdschlössern zu finden ist und während der Jagd als Aussichtsplattform diente. Die eingeschossigen Verbindungsflügel (sie sollen von nun westliche bzw. östliche Galerie heißen) verfügten über sechs bzw. sieben Achsen (wohl Darstellungsproblem) und schlossen mit einem Satteldach ab, dessen Firste unterhalb den Pavillontraufen verliefen.

Rekonstruktion in der heutigen Landschaft

Der erste Abgleich gilt dem Westflügel, der heute nicht in einen Park oder in Äcker, sondern in den Hinterhof des Parkplatzes eines Supermarktes eingebettet ist. Auffälligste Änderung gegenüber Ruppenthal ist das relativ flach geneigte Pfettendach. Da das bei Ruppenthal dargestellte Krüppelwalmdach traditionell als Sparrendach ausgeführt wurde, kann das jetzige Dach in seiner heutigen Form als Neuschöpfung des 19. Jahrhunderts betrachtet werden, auch in Hinblick auf die Detaillierung der Pfettenköpfe. Weiterer Unterschied: Ruppenthal stellt den Giebel fensterlos dar. Die vorhandenen Fenster, von denen zwei als Türen vergrößert sind, scheinen keinem klassischen Schema zu folgen und sind demnach wohl auch als Zutaten des 19. Jahrhunderts zu sehen, wobei die Gewände eindeutig barocke Form aufweisen und vermutlich in Zweitverwendung integriert wurden. Die heutige Treppenanlage, die das Hauptgeschoss des Gebäudes erschließt, ist auch Zutat des 19. Jahrhunderts.
Seine barocke Formensprache vermittelt die Ostfassade des Westflügels. Wie schon bei Ruppenthal ersichtlich, erhebt sich die Fassade auf einem niedrigeren Sockelgeschoss. Sechs Fensterachsen zeigt der heutige Bestand, wobei die große Distanz des letzten Fensters zur Gebäudeecke in etwa die Breite des abgetragenen Verbindungsflügels verdeutlicht. Die hohen Obergeschossfenster sind mit sandsteinernen Gewänden umfasst, deren gekehlten Stürze stichbogig mit zentralem Scheitelstein schließen. Die Form der Fenster erinnert sehr an Bauten aus der Ära von Jonas Erikson Sundahl und findet Pendants in der alten Zweibrücker Vorstadt bzw. in den Seitenflügeln von Schloss Luisenthal am Guten Brunnen. Lohmeyers Vermutung an Sundahls Urheberschaft scheint sich anhand des Westflügels zu bestätigen. Die vierachsige nördliche Giebelseite zeigt dieselben Fensterformen und scheint auch noch in ihrem historischen Zustand überliefert, sieht man von dem grauenvollen Verputz und dem falschen Dach einmal ab. Absolut keine barocken Spuren finden sich an der Fassade zum Vorhof, die in ihrer Gestaltung dem 19. Jahrhundert entspringt.

Der Westpavillon des östlichen Gebäudekomplexes präsentiert sich ebenfalls recht ambivalent. Auf den ersten blick scheint das hier befindliche Gebäude ein Kind der 50er oder 60er Jahre des 20. Jahrhunderts zu sein, „reich verziert“ mit Eckschutzschienen, Glasbausteinen und querrechteckigen Aluminiumfenstern. Auf den zweiten Blick fällt das flach geneigte Zeltdach auf, vor allem dessen schon eleganter Schwung, der allerdings durch die Pfanneneindeckung etwas gequält wirkt. Es fallen die überputzten Eckquaderungen auf, und zu guter Letzt das wichtigste: ein vollständig umlaufendes Traufgesims, dessen nördlicher Verlauf allerdings durch einen Anbau überschnitten wird. Dieser Anbau selbst ist allen Lageplänen ersichtlich, allerdings nicht dessen Höhenentwicklung. So weisen im Erdgeschoss kleinere Details auf einen historischen Ursprung, während das Obergeschoss eine jüngere Zutat zu sein scheint. Entsprechend dürfte dann das Obergeschoss des Pavillons freistehend gewesen sein, lediglich von den Dächern der Westgalerie und des Verbindungstraktes zum Westflügel tangiert. Die Parallele hierzu findet sich im nicht mehr existenten Ostpavillon.
Von der eleganten Fassadengliederung hat sich lediglich ein mit Glasbausteinen zugesetztes Fenster in der Westwand erhalten. Die übrigen Fenster sind zugemauert oder an Süd- und Ostseite durch querrechteckige 60er Jahre Formate verändert. Die Dreiaxialität, wie von Ruppenthal dargestellt, ist denkbar und findet zahlreiche Analogien.

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