Schloß Jägersburg wurde nach seiner Fertigstellung sowohl als Jagdschloß als auch als Sommersitz genutzt, zumal die Gesamtanlage - entgegen der Neuen Residenz Zweibrücken - durchaus königliche Qualitäten und Maßstäbe vorzuweisen hatte. Mit dem Tode Christians IV. wurden die Funktionen nicht aufgegeben, im Gegenteil. Herzog Carl II. August löste unmittelbar nach seiner Inthronisierung zur Jahreswende 1775/76 die Zweibrücker Hoftafel auf, was bedeutet, daß die bislang vorhandene Hofgesellschaft der Ära Christians IV. nicht mehr in ihrer Zusammensetzung erwünscht war. Ausschlaggebend für diesen Schritt war letztlich die herzogliche Maitresse Caroline Auguste von Esebeck, die einen unerhört großen Einfluß auf Carl II. August ausübte. Ihr zuliebe verlegte er schließlich 1776 die gesamte Hofhaltung nach Jägersburg, das nun zur offiziellen Landresidenz Carls II. avancierte.
Schloß Jägersburg ermöglichte Carl II. August eine standesgemäße Wohnung. Die Innenausstattung selbst galt noch als modern. Selbst eine Gemäldesammlung befand sich in seinen Mauern. So überliefert Mannlich, daß er in Landschaftsgemälde des Hofmalers Daniel Hien Figuren ergänzen mußte.
Der Park, der bislang schon beachtliche Dimensionen besaß, wurde nach 1776 erweitert und weitere Höfe angelegt. Die folgenreichste Erwerbung geschah 1777 mit dem Kauf des Louisenhofes samt den Ländereien auf dem Buchenberg und im Heydenbruch. Letzteres Areal sollte wohl zur Arrondierung der Fasanerie dienen, die zu jener Zeit mit dem Bau eines Landschlosses für die Herzogin Maria Amalia aufgewertet wurde. Der Louisenhof avancierte zur Keimzelle der neuen Landresidenz, die nach dem Vornamen des Herzogs genannt werden sollte.
Der Herzog erlebte die ersten Umbaumaßnahmen seines neuen Schlosses von Jägersburg aus. Mannlich berichtet von den täglichen Fahrten des Herzogs zur Baustelle, die er nur mit größtem Bedauern wieder verließ. 1779 fasste er den Entschluß von Jägersburg auf den Carlsberg umzusiedeln, auch wenn er in diesem Falle die königliche Eleganz Jägersburgs gegen den Lärm und den Dreck einer Großbaustelle tauschen mußte.
Trotzdem liebte Carl II. August Schloß Jägersburg über alle Maßen. Obwohl es nahe bei der Carlsberger Residenz lag, so überlegte er sich ein schon nahezu irrsinniges Vorhaben: Das Schloß sollte Stein für Stein abgetragen, und auf dem Carlsberg wieder aufgebaut werden. 1782 ließ er darüber eine konkrete Kostenermittlung aufstellen. Georg Schäfer, einer der Bauleiter auf dem Carlsberg, übernahm diese Kalkulation mit Hilfe des Maurermeisters Schwaighofer. Der Abbruch des Schlosses und sein Wiederaufbau hätten fast 200.000 Gulden, also fast 80.000 Gulden mehr als der Ursprungsbau selbst, gekostet. 2.700 Wagenfuhren wären notwendig gewesen. Dieser Aufstellung ist aber auch zu entnehmen, daß es einen Marmorsaal mit Marmorboden, zahlreiche Marmorkamine, Parkettböden, 126 Fenster und 87 Schornsteine gab (LA Speyer}.
Der Hintergrund dieses Unterfangens ist nicht nachvollziehbar. Vielleicht lag es daran, daß die Strukturen des Schlosses Carlsberg keine klassische Abfolge von Enfiladen ermöglichte. Carlsberg war zu sehr ein architektonisches Provisorium. Im Gegensatz hierzu erfüllte Jägersburg wohl die Vorgaben einer hierarchisch geprägten Hofhaltung, und hätte durchaus einen kostbaren Akzent innerhalb der neu entstehenden Gärten gebildet.
Schloß Jägersburg wurde in der Folgezeit vernachlässigt. Die geplante Translokation bedeutete wohl auch das Ende der Nutzung des Schlosses. Das Zentrum des Herzogtums bildete nunmehr der Carlsberg. Auch wenn Schloß Jägersburg in nicht nennenswerter Entfernung hierzu lag, gab es Herzog Carl II. August auf. Der Küchenflügel wird um 1785 völlig umgestaltet. Das bislang vorhandene flach geneigte Dach wird inklusive der Balustrade aufgegeben und durch ein Mansardendach ersetzt. Der östliche Ehrenhofflügel wird wohl zur selben Zeit bis auf die Bodenhöhe des Erdgeschosses abgetragen. Vermutlich geschah dies zur Materialgewinnung im Zusammenhang mit der Erbauung von West- und Galerieflügel von Schloß Carlsberg. Im Winter 1788/89 bricht schließlich das Dach der völlig vernachlässigten Anlage zusammen. Die Sanierung erfolgte nur sporadisch. Auch das Dach des Küchenflügels bedurfte der Sanierung, die am 31. Mai 1790 durch Leyendeckermeister Peter Kramer abgerechnet wurde. Ein erschütterndes Zeugnis des Verfalls überliefert Herdegen im Jahre 1791. Selbst die umfangreichen Baumpflanzungen im Ehrenhof sind völlig beseitigt.
Die Vernachlässigung und der teilweise Abriß des Schlosses dürften allerdings mit anderen Plänen in Verbindung gestanden haben. In der Hessischen Landes- und Hochschulbibliothek befinden sich zwei Fassadenaufrisse und ein Schnitt einer großen Schloßanlage. Sie liegen in derselben Mappe neben weiteren Plänen, die sich auf das Zweibrücker Bauwesen beziehen.
Die Signatur am rechten Bildrand der Zeichnungen: “J. H. Hill, Ingenieur Lieutnant, Straßburg 1786” ist ein weiteres Indiz für einen Zweibrücker Ursprung, des weiteren auch die architektonische Formensprache, die an Arbeiten des Johann Christian von Mannlich erinnert. Hill, der Verfasser der Blätter, stammt aus Darmstadt, war aber zeitweise für Herzog Carl II. August tätig. Wie sein Vater, so zeichnete auch er Baupläne nach, im heutigen Sprachgebrauch könnte man ihn als ”Bauzeichner” titulieren.
Weber bringt diese Zeichnungen mit einem Neubau des Schlosses Rappoltsweiler in Verbindung, findet aber selbst, außer Vermutungen, keine Belege dafür. Vielmehr erinnert das dargestellte Gebäude überdeutlich in seiner Struktur an Schloß Jägersburg, dessen klassizistische Variation hier ersichtlich zu sein scheint. Auffallend ist vor allem die Gartenseite. Man erkennt das doppelgeschossige Corps de Logis mit Mittel- und Eckrisaliten, sowie zwei flankierende, eingeschossige Seitenflügel. Als Abschluß ist ein flaches “italienisches” Dach zu denken. Der dreiachsige Mittelrisalit mit rundbogigen Türen im Erdgeschoß besitzt einen vorgeblendeten Altan in der gleichen Breite. Vier Säulenpaare toskanischer Ordnung stützen ihn. Ein Triglyphenfries vermittelt mit der eigentlichen Bodenplatte des Altans. Postamente, in Weiterführung der Säulenpaare, tragen Statuen, dazwischen finden sich Balusterfelder. Die gewändelosen Fenstertüren des Obergeschosses werden von skulptierten Supraporten bekrönt. Ein Konsolenfries trägt die zweifach zurückspringende Attika der Dachzone. Das gleiche Prinzip übernehmen je zweiachsige Eckrisalite. Die je vierachsigen Rücklagen sind im Erdgeschoß rustiziert.
Im Obergeschoß finden sich hochrechteckige, gewändete Fenster mit aufgesetztem Gebälk auf Konsolen. Eine postamentenlose Balusterreihe schließt die Rücklage in der Dachzone ab. Die eingeschossigen Seitenflügel sind gleichfalls in sich gegliedert. Zwei rustizierte Risalite mit hochrechteckigen Fenstern zu je zwei Achsen flankieren eine fünfachsige Rücklage mit rundbogigen Fenstertüren. Wellenbandfriese in Türbreite vermitteln mit der Attika.
Stilistische Parallelen finden sich im Werk Mannlichs. So zeigen sich die klassizistische Gestaltung der Altane mit Säulen toskanischer Ordnung und Triglyphenfries am Carlsberger Herzogspalast. Die Unterteilung in rustiziertes Erdgeschoß und flächig verputztes Obergeschoß erscheint als Motiv bei den Nebenpalästen des Carlsbergs. Die doppelte Säulenordnung besaßen auch die beiden Portale der Carlsberger Rotunde. Vom dortigen Nebeneingang ist ebenfalls das Motiv der skulptierten Supraporte überliefert. Die Form der Fenstergewände im Obergeschoß findet sich in dem Plan zu einem Gartenpavillon in der Carlslust, allerdings ohne die konsolengestützten Aufsätze, die jedoch im Haupteingang zu besagtem Pavillon erscheinen. Hier tragen sie einen Dreicksgiebel.
Die Hofseite zeigt das doppelgeschossige Corps de Logis in einfacherer Form. Der dekorative Schwerpunkt lag also auf der Gartenseite. Der dreiachsige Mittelrisalit besitzt im Erdgeschoß rundbogige Türen mit aufgesetzten Supraporten. Den im Oberschoß liegenden Fenstertüren sind kleine Altane vorgesetzt, die etwas breiter als die Öffnungen sind. Dem ganzen Risalit vorgelagert ist ein großer Portikus mit durch beide Geschosse reichenden Kolossalsäulen jonischer Ordnung (Mannlichs bevorzugteste Säulenordnung). Darauf sitzt ein breites Gebälk mit einem abschließenden Dreiecksgiebel, der mit Waffen- und Trophäenamortissements geschmückt ist. Es sei erwähnt, daß dieser Risalit in leicht veränderter Form im 1804 - 1806 nach Plänen von Karl von Fischer erbauten Münchener Palais Salabert, dem heutigen Prinz-Carl-Palais, erscheint. Während dieses Palais offiziell den Münchener Klassizismus begründete, stand Mannlich sicherlich beratend zur Seite.
Die Eckrisalite sind an den Ecken gequadert. Die Fenstertüren im Obergeschoß sind von einfachen Gewänden umrahmt. Die Attika entspricht der Rückfront.
Die vierachsigen Rücklagen sind geputzt und ohne jedes Dekor. Die Erdgeschoßfenster sind gewändelos, die Gewände der Obergeschoßfenster sind einfach gehalten. Anders als im barocken Schloß Jägersburg, wo die Seitenflügel erst an den Kopfpavillons der Galerieflügel ansetzen, sind sie hier schon den Eckrisaliten des Corps de Logis vorgelagert. Sie bilden zusammen mit den erwähnten und übernommenen Seitenflügeln und den diese verbindenden Rücklagen sowie den eingeschossigen Flügeln der Gartenseite jeweils einen in sich geschlossenen Hof. Die Gewände der mittleren Fenster an den Flügelstirnseiten erinnern an das Portal des Gartenpavillons. Die Ecken sind ebenfalls gequadert und tragen auf der Attika klassizistisch gestaltete Vasen mit Girlandengehängen.
Der Schnitt durch den Mittelrisalit zeigt gleichzeitig die Gestaltung der Langseite der Seitenflügel. Diese gliedern sich in einen zweiachsigen Kopfpavillon, eine vierachsige Rücklage, einen Portikus, und wieder eine vierachsige Rücklage, die an das Corps de Logis anbindet. Der Kopfpavillon besitzt drei Säulen toskanischer Ordnung in der Flucht der Fassade. Die beiden rundbogig schließenden Türen mit aufgesetzten Supraporten liegen um die Breite einer Fensterachse der Stirnseite nach hinten versetzt. Der Portikus diente als Durchfahrt in den Innenhof, und gibt somit den Hinweis, das hier die Haupterschließung zum Gebäude angesiedelt war. Hier ist eine Säulenhalle denkbar.
Der Portikus war in die zentrale Durchfahrt mit flankierenden Säulen toskanischer Ordnung, und zwei sich anschließenden, rustizierten Wandflächen mit rundbogigen Skulpturennischen gegliedert. Dieses Portikusmotiv wäre im Werk Mannlichs neu. Etwas ähnliches findet sich im klassizistischen München: das Eingangsportal Herigoyens zum Botanischen Garten aus dem Jahre 1805.
Der Schnitt zeigt die im Mittelrisalit befindlichen Festsäle in Erd- und Obergeschoß. Der Erdgeschoßsalon ist als Gartensaal ausgebildet. Säulen jonischer Ordnung tragen das Gesims (vgl. den Zweibrücker Hof zu Straßburg). In den seitlichen Feldern sind Türen angeordnet, in dem mittleren Feld eine Skulpturennische. Die beiden restlichen Felder sind mit Blumen- und Girlandengehängen verziert, die in ihrer Form nach Schloß Benrath verweisen (Vestibül des Schlosses). Der Obergeschoßsalon übernimmt die gleiche Säulengliederung, hier mit korinthischen Kapitellen (vgl. Gartenpavillon). Eine flache Kuppel überspannt das Zentrum des Saales.
Bringt man diese Planung mit dem Jägersburger Schloß in Verbindung, so muß man mit erheblichen Eingriffen in die Gestaltung der einst vorhandenen Bausubstanz rechnen. Vor allem die vier Seitenflügel wären einer vollständigen Erneuerung unterzogen worden. Dieser Umstand könnte eine Erklärung dafür sein, daß das Erscheinungsbild der Jägersburger Seitenflügel so erbärmlich und in der Ansicht von 1791 das gesamte Vorfeld des Hauptgebäudes völlig entleert war. Denn durch die Verdopplung der Seitenflügel hätte man den großflächigen Ehrenhof mehr als halbiert.
Text weitgehend entnommen aus “Schlösser und Landsitze der Herzöge von Pfalz-Zweibrücken” von Ralf Schneider